Die treue Burgfrau
Sagen
Die treue Burgfrau
Als Philipp Hausten von Ulmen, dessen Burg seit Jahrhunderten neben dem tiefen Maar stand, mit anderen Eifelrittern dem Ruf der Kreuzfahrer folgte, stieg seine Frau manche Nacht auf den Turm und sang zu wunderbarem Harfenspiel ein Lied, das sehnsüchtig in die Ferne stieg. Wie aber Jahr um Jahr verging, ohne daß der Graf heimkehrte, nahm sie ihre Harfe und zog im Pilgerkleide, begleitet von ihrem Hündchen Fulla, den Rhein hinauf, über die Donau, durch Ungarn ins Morgenland; denn eine heimliche Stimme sagte ihr, daß er noch lebe und leide.
Nach Monden mühsamer Wanderung durch Sonne, Staub und Regen fand sie ihn schließlich, vom Burghund zuerst verbellt, auf dem Felde eines vornehmen Sultans. Der hatte ihn, während er nach hartem Kampfe abseits vom Lager neben seinem Hengste schlief, gefangen und ihm die Hände- und Fußspitzen abgeschlagen. Seit sie vernarbt waren, mußte er täglich gleich einem Vieh des Sultan Pflug ziehen und wurde darüber vor der Zeit grau und alt. Die Frau aber erkannte hn trotz der Lumpen, die ihn hüllten, rief jedoch nicht, sondern verbarg sich bis zum Abend.
Dann ging sie vor das große Haus und sang und spielte so schön, daß der Sultan kam, sich ihr zu Füßen warf und sie bat, weiter zu spielen. Sie tat es, da er versprach, ihr jeden Wunsch zu gewähren, worauf dann ihr Lied das abendstille Haus umspann, als glitten von allen Sternen klingende Strahlen.
Auch der Graf vernahm es und erkannte die Stimme seiner Frau. Er hätte aufspringen mögen, hielt aber an sich und hörte, als die letzten Töne verhallten, wie sie den Sultan bat, ihn freizugeben. Der Verstümmelte sei ihr Mann, den sie seit Monden mit Spiel und Lied suche! Der Sultan hielt sein Wort, ließ ihn holen und gab ihn der Frau, die seine Narben küsste und gleich mit ihm der kühlen Nacht zuschritt.
Sie wanderten zum heiligen Grab, immer begleitet von dem treuen Hündlein Fulla, dankten Gott, banden geweihte Erde in ein Säcklein und kamen nach einem Jahr, glücklich wieder auf die Ulmener Maarburg, wo sie den Rest ihrer Tage voll Eintracht verlebten.
Auf einer Höhe, die so weit von der Pfarrkirche wie der Kalvarienberg von Jerusalem entfernt ist, gruben sie die geweihte Erde ein und errichteten über ihr ein Kreuz, das länger stand als die Burg. Heute heißt es “Antoniuskreuz” und kündet dem Eifelland weithin die Liebe Gottes und der Menschen.
Versteckt im schönen Eifelland
in einem stillen Tal
da liegt ein Flecken wohlbekannt
wie Glanz und Sonnenstrahl!
Die Burgruin’ von ferne grüßt
ein Bild aus alter Zeit
zu Füßen liegt verträumt ein See,
wie eine Ewigkeit!
Auf einem Fels am Maaresrand
ein Kirchturm ragt empor,
und in dem zarten Wellenspiel
sein Bild sich bald verlor.
Behäbig weit im Wiesengrund
der Jungfernweiher liegt,
und seine Wellen lispeln nur
ein ewig bleibend Lied:
Ulmen, teure Heimat du,
wo meine Wiege stand,
du bist der schönste Flecken wohl
im ganzen Eifelland!
Joseph Bungard, geb. 18.01.1908 in Ulmen