Der Maarhecht - Familienforschung im Kreis Cochem-Zell

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Der Maarhecht

Sagen
Der Maarhecht mit der Schelle

Das Ulmener Maar gilt als das lieblichste der Eifelmaare. In dem Rund des Kratersees spiegeln sich der blaue Himmel, die grünen Wälder, die graue Burgruine und das Maardorf mit seinem ragenden Kirchtum. Es gibt sich je nach der Jahreszeit heiter und ernst, hell und dunkel zugleich. Wie ein klares Kinderauge strahlt das Maar im Antlitz des Eifellandes. Wenn im Frühling die Eisdecke über dem Wasserspiegel auftaut und das Maar dann beim Bersten der Schollen wie ein entfesselter Riese donnernd brüllt, erzählt man in Ulmen, die Eifelmaare seien unergründlich tief und ständen nicht nur untereinander, sondern auch mit den Ozeanen in unterirdischer Verbindung.
Zur Zeit des edlen Ritters Boemund von der Unterburg, der aus dem Geschlecht der Walpottritter stammte, dessen Nachkommen aber später arge Straßenräuber und Schnapphähne wurden, fing der Burgfischer im Ulmener Maar ein junges Hechtlein. Da am selben Tage demWalpottritter der erste Sohn geboren wurde, streifte Boemund in seinem Vaterglück einen dehnbaren Goldring über den schuppigen Leib des Hechtes und band daran eine kleine Silberschelle. Dann warf er den Fisch eigenhändig ins Maar zurück und sprach dabei feierlich unter dem Jubel seiner Gäste und der Dorfleute. “Wachse und schwimme, solange das Geschlecht der Walpottritter von Ulmen blüht und gedeiht!”
Längst dachte am Eifelmaar niemand mehr an den Ritterhecht und um das Geschlecht der Walpotts, deren letztem Sproß der Trierer Kurfürst das Raubnest am Kraterrand zerstören mußte, rankte schon die Sage, da zog ein Klosterbruder am Lacher See staunend einen drei Schritt langen Riesenhecht aus seinem Netz, der ein Silberglöckchen an einem dehnbaren Goldreif um seinen grünbemoosten Schuppenleib trug.

Riesenfisch kündet den Tod der Ulmener Ritter an

Golden blitzt der Ginster und friedlich liegt das Maar. Die Sonne hat Blüten und Dolden geöffnet und läßt den stillen See in tiefem Blau aufleuchten wie einen Saphir. Ein leiser Wind weht über das junge Korn und streicht durch die hängenden Äste und Weiden.
Ritter Kuno von Ulmen kehrt von der Jagd heim, von einem Hornstoß des Burgwarts empfangen. Der Alte reitet vorneweg und ihm zur Seite sein Freund und Raubgenoß Ritter Schils von Daun. Weder die beiden noch die Knappen des Gefolges tragen die leichten Wurfspieße, mit denen man Hirsche jagt. Das alte Rauhbein hat schon lange das Vergnügen an der Jagd im Eifelforst verloren. Die Landstraßen sind sein Jagdrevier geworden und seine Beute die Troßwagen der Kaufleute. In beiden Burgen am Maar häufen sich die geraubten Schätze.
Auf seinen Raubzügen ist ihm der junge Schils ein gelehriger Schüler und brauchbarer Helfer. Geschickt wie kein anderer weiß er aus allen Schwierigkeiten immer die beste Lösung. Selbst nachdem die Eltzer, Schönecker und Waldecker mit dem Trierer Erzbischof Freundschaft geschlossen haben, ist er allein auf der Seite des alten Ritters Kuno geblieben.
Immer wieder erfindet Ritter Schils neue Schliche, um den ständigen Ermahnungen und Drohungen Balduins, des “Trierer Löwen”, wie sie ihn nicht ohne Achtung nennen, auszuweichen. So hat er heute morgen nicht, wie es sonst bei Ritter Kuno üblich war, nur die kostbarsten Truhen aus dem Mainzer Kaufmannszug mitgenommen, sondern gleich den ganzen Wagen. Gestohlen war es so oder so, warum sollte er nicht einen möglichst großen Profit daraus ziehen, besonders jetzt, wo der Trierer Erzbischof sich mit dem Kölner zusammengetan hat, ihnen das Handwerk zu legen. Um ihre ohnehin recht kleine Mannschaft zu verstärken, brauchen sie Geld, Es genügt nicht, Schätze in der Burg anzusammeln. Und vom Räuber zum Trödler ist für Schils kein weiter Schritt. Er läßt das schwankende Gefährt am Fuße der Burg halten und abladen. Morgen werden die Knechte hier bunte Zelte aufschlagen und den ganzen Trödel an die Besucher der Umgebung verkaufen.
Heute abend hat Ritter Kuno alle zu sich auf die Burg geladen zum Zechen und um neue Kriegs- und Raubpläne zu mache. Ein Fäßchen Falerner, wie ihn die Mainzer Kaufleute von Italien heraufbringen nach Lüttich, haben sie auf dem Wagen gelassen.
Es gibt zwei Dinge, an die Ritter Kuno glaubt: das ist der Wein aus dem Süden und der Fisch aus dem Maar. Den Wein aus dem Süden haben alle seine Vorfahren getrunken - und jedesmal, wenn einer starb, so hat man vorigen Tages den Fisch gesehen, der dreißig Fuß lang war und den keiner fangen konnte. Der Fischerklaus, der seit fünfzig Jahren die Fische für den Tisch des Schlosses besorgt und außerdem das Erscheinen des Riesenfisches mit den glühenden Augen meldet, behauptet sogar, daß der Fisch Menschen fräße, was er aber nicht beweisen kann. Ritter Kuno glaubt ihm.
Das Fäßchen Falerner ist noch nicht halb  geleert und die Nacht noch nicht recht angefangen, da stolpert der Fischerklaus in den Rittersaal, dreht die Kappe in den Händen und schlottert vor Angst um den gehabten Schreck. er hat einen Fisch gesehen, abends, als er die letzten Netze einholte, einen sehr großen Fisch, doch nicht denselben, der damals gekommen war, als anderen Tages Ritter Heinrich von Ulmen nicht mehr vom Raubzug zurückkehrte. Diesmal war er kleiner,nicht mehr als fünfzehn Fuß, vielleicht sogar noch etwas kleiner. Und mit Verlaub, er wolle es nur melden, aber, wenn die Herren gestatteten, er sei der Meinung, daß der Fisch nicht gelten könne.
Selbst Ritter Kuno nimmt die Nachricht nicht sehr ernst - und alle streiten, ob der Fisch nun gelten solle oder nicht. Als der Knappe Hans aber meint, daß der Fisch dem Ritter von Ulmen gegolten habe, wenn er überhaupt gelte, da schlägt Ritter Kuno auf den Tisch, daß die Gläser zur Seite kippen. “Halt’s Maul”, fährt er den Knappen an.”Was meint der Schils denn von dem Fisch?” Doch der ist nicht mehr in dem Saal. Um seine Meinung zu erfahren, müssen sie schon bis zum nächsten Morgen warten.
Deutlicher konnte Schils nicht sagen, daß er an den Fisch glaubte Er hat seine Raubburg den anrückenden Scharen der beiden Erzbischöfe geöffnet und paktiert mit ihnen gegen seinen gestrigen Freund Kuno von Ulmen, den letzten Raubritter der Eifel. Wie immer hat er auch hier die sicherste Lösung gefunden, und auch Ritter Kuno muß ihm glauben und dem Fisch. Nur schwach ist der Widerstand seiner Burg, als die erzbischöflichen Truppen anrennnen. Am Abend sind beide Raubnester am Ulmener Maar geschleift, ihre rauchenden Tümmer stehen dunkel gegen den Himmel. Ritter kuno hat beim Fischerklaus einen Unterschlupf gefunden. Auf seine Burg wird er vorerst nicht zurückkehren, und an Raubzüge ist nicht mehr zu denken seit dem Vertrag, den er dem Trierer unterschreiben mußte.
“Der Fisch hat gegolten. Ritter Kuno von Ulmen ist tot. Den alten Mann, der übrig blieb, kannst du noch zu Tode pflegen”, sagt er zum Fischerklaus und legt sich müde auf die Ofenbank. “Der Tod der Ulmener wird jetzt stückweise angezeigt”, murmelt er vor sich hin
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